Grüne Kreistagsfraktion: Brauchen zügiger und mehr Bahnverbindungen als geplant

Die Kreistagsfraktion der Grünen fordert, mehr als die im Landesnahverkehrsplan angestrebten Maßnahmen zu planen und die dort angekündigten Schritte zügiger umzusetzen als bisher geplant. Positiv sei die Verbindung nach Potsdam verbessert wird. Doch es sei "kontraproduktiv", den Bahnhof Wustermark dabei nicht anzufahren. Rathenow-Berlin benötige einen höheren Zug-Takt und der geplante Zweistundentakt für Nennhausen und Buschow bedeute, dass der Nahverkehr dort äußerst unattraktiv sei. Spät abends fehle dorthin zudem die Verbindung. 

02.12.17 –

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag des Landkreises Havelland hat sich mit dem Entwurf des Landesnahverkehrsplans beschäftigt. Sie ist zu nachfolgender kritischer Bewertung und entsprechenden Forderungen nach Änderung des Entwurfs des Landesnahverkehrsplans gekommen.

1. Wir begrüßen, dass es in der Relation Nauen-Berlin durch die Teilung des RE 2 in RE 2neu und RE 8 ab 2022 eine Verdichtung auf vier Zugpaare pro Stunde geben soll (S. 90 und 91 LNVP). Dass eine Kapazitätserhöhung durch Ausbaumaßnahmen zwischen Spandau und Nauen realisiert werden soll, betrachten wir als dringend. Dass das erst ab 2030 geschehen soll (S. 97 und 98 LNVP), ist aus unserer Sicht aber viel zu spät.

2. Wir begrüßen es, dass die RB 21 ab 2022 unter Wegfall der RB 13 von Berlin-Gesundbrunnen nach Potsdam und zurück verkehren soll, so dass hier eine Direktverbindung von und nach Potsdam (für viele der Arbeits- oder Studienort) entsteht (S. 91 LNVP).

Allerdings lehnen wir es ab und halten es für kontraproduktiv, dass dabei der Bahnhof Wustermark nicht mehr angefahren werden soll. Er ist für die Westhavelländer der Bahnhof, auf dem sie die jetzige RB 21 nach Potsdam (und entsprechend umgekehrt den RE 4) erreichen. Wenn ihnen diese Umsteigemöglichkeit genommen wird, verlieren sie die Verbindung nach Potsdam.

Ein Umsteigen erst in Dallgow-Döberitz wird zu einer Fahrtzeit-Verlängerung führen und diese Verbindung nach Potsdam unattraktiv machen. Aber auch für die Bewohner der Gemeinde Wustermark, die nicht wie Elstal und Priort an der RB 21neu liegen, haben einen erheblichen Nachteil, wenn der Bahnhof Wustermark von der RB 21neu nicht mehr angefahren wird: Sie können von dort nicht mehr direkt Potsdam erreichen und Richtung Berlin geht es für sie nur im Ein-Stunden-Takt. Das reicht in den Hauptverkehrszeiten nicht aus und ist eine enorme Verschlechterung gegenüber dem Ist-Zustand. Das gilt erst recht, wenn die Stadt Ketzin mit einer Buslinie direkt an den Bahnhof Wustermark angeschlossen wird, was in Planung ist. Die bisher bestehenden Bahn-Bus-Umsteigemöglichkeiten am Bahnhof Wustermark aus bzw. in Richtung Potsdam und aus bzw. in Richtung Nauen würden zerstört.

Gegen die Umgehung des Bahnhofs Wustermark spricht außerdem, dass in Elstal erst noch mit unbekanntem finanziellem Aufwand ein neuer Bahnsteig gebaut werden soll, der eigentlich unnötig ist. Es ist bahntechnisch überhaupt kein Problem, dass ein Zug der RB 21 in Wustermark einfährt und nach wenigen Minuten in die Gegenrichtung herausfährt, da die Züge ja an jedem Ende einen Führerstand haben. Wir fordern deshalb, dass die „neue“ RB 21 weiterhin Wustermark anfährt, so dass es dort weiterhin bei den vorhandenen und zukünftigen Bahn-Bus-Umsteigemöglichkeiten bleiben kann.

3. Wir betrachten es als nicht hinnehmbar, dass für die Relation Rathenow-Berlin des RE 4 für die Zeit ab 2022 keine Verbesserung des Verkehrsangebots eingeplant ist, auch nicht im Ausblick für die Zeit ab 2025 und 2030 (ab S. 96 LNVP). In anderen Regionen werden auf etlichen Linien Taktverdichtungen eingeplant (S. 98 LNVP)), aber der RE 4 kommt nicht einmal für die Zeit ab 2030 vor. Nur in den Plänen für die Realisierung von Infrastrukturmaßnahmen (S. 97 LNVP)) kommt die Relation Wustermark-Rathenow-Stendal (Stammstrecke) vor.

Es entsteht der Eindruck, als gehe das Ministerium davon aus, dass es im Havelland westlich von Wustermark keine wirtschaftliche und bevölkerungsmäßige Entwicklung gibt, die eine Verbesserung des SPNV-Angebots auf der RE 4-Linie zwischen Rathenow und Berlin in der nahen Zukunft erforderlich macht. Aber schon jetzt ist das Angebot auf dieser Linie – insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten – unzureichend. Das Fahrten- und Platzangebot reicht nicht. Daher schließen wir uns den Forderungen der Stadt Rathenow und des Amtes Nennhausen an: Verdichtung des Taktes für den RE 4 in den Hauptverkehrszeiten zu einem Halbstundentakt für Rathenow und zu einem ganztägigen Stundentakt für die Haltestellen Nennhausen und Buschow im Amt Nennhausen – und das möglichst nicht erst ab 2022.

Der jetzige Zweistundentakt für die Haltestellen Nennhausen und Buschow hat für die Bewohner des Amtes Nennhausen viele Nachteile, die sie dazu bringen, die Bahn weniger zu nutzen, als es anders möglich wäre. Sie können werktags das Berlin-Brandenburg-Ticket, das ab 9 Uhr gilt, erst ab 10 Uhr nutzen; sie haben ferner, da der Zweistundentakt der RB 34 Rathenow-Stendal nicht zum Zweistundentakt des RE 4 aus Nennhausen und Buschow passt, in Rathenow über eine Stunde Wartezeit vor einer Weiterfahrt Richtung Stendal – in Gegenrichtung gilt das ebenfalls; dasselbe gilt an Wochenenden und Feiertagen für den Anschluss an die RB 51 Richtung Brandenburg in Rathenow und den Anschluss an die RB 21 Richtung Potsdam in Wustermark. Außerdem hat der Zweistundentakt des RE 4 für Nennhausen und Buschow zur Folge, dass die letzte Zugfahrt aus Berlin sowie die letzte aus Rathenow nicht in Nennhausen und Buschow halten. Das alles ist ein großer Nachteil, der die Nutzung der Bahn einschränkt und dem Zuzug in die Gemeinden des Amtes Nennhausen im Wege steht.

4. Wir begrüßen es, dass „die Elektrifizierung und gleichzeitige Erhöhung der Streckenhöchstgeschwindigkeit auf 160 km/h auf der Stammstrecke Wustermark–Rathenow–Stendal zur Entflechtung des Regionalverkehrs und des schnellen Fernverkehrs sowie zur Verlängerung der RE-Züge nach Stendal“ (S. 97 LNVP) grundsätzlich in der langfristigen Planung vorgesehen ist. Aber die Realisierung erst nach 2030 (S. 97 LNVP) ist viel zu spät. Sie muss viel eher passieren – nämlich bis Mitte der 2020 er Jahre.

5. Als Zwischenlösung fordern wir die zeitnahe Ertüchtigung – v.a. Elektrifizierung – des Teilstücks der Stammbahn zwischen Wustermark und Buschow und ihre Nutzung für den RE 4, was die Schnellbahntrasse ein Stück weit entlasten würde und die Möglichkeit böte, den abgehängten Bahnhof Groß-Behnitz an den RE 4 anzuschließen, was nötig ist. Groß Behnitz und das Westhavelland, obwohl nur wenige Kilometer voneinander entfernt, sind füreinander mit der Bahn nicht erreichbar, obwohl der Zug daran vorbeifährt. Das Busangebot ist kümmerlich und zeitraubend und ist an Wochenenden und Feiertagen nicht vorhanden. Rathenow ist auch für Groß Behnitz und benachbarte Gemeinden die Kreisstadt und Groß Behnitz bietet immer wieder kulturelle Angebote, die für Westhavelländer nicht erreichbar sind. Wir bitten dringlich, diese unsere Einwendungen gegen den vorliegenden Entwurf des Landesnahverkehrsplans und unsere Forderungen zu berücksichtigen.

Wolfgang Seelbach, Fraktionsvorsitzender

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Kreistagsfraktion - PM | Verkehr