Fragen der Initiative Willkommen in Falkensee

03.03.16 –

Fragen an die Kandidaten für das Amt des Landrates/der Landrätin im Havelland

Die Initiative Willkommen in Falkensee mit ihren mehr als 500 UnterstützerInnen engagiert sich seit zwei Jahren für geflüchtete Menschen in Falkensee im Havelland. Die Aufnahme, Versorgung und Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden ist aus unserer Sicht eine der dringlichsten Aufgaben im Landkreis Havelland in den kommenden Jahren.

Deshalb möchten wir Ihnen als Kandidat/in für das Amt des Landrates / der Landrätin im Vorfeld der Wahl einige Fragen stellen zu diesem und anderen Themenkomplexen. Damit sollen unsere Mitglieder und die Öffentlichkeit im Wahlkampf eine weitere Möglichkeit erhalten, sich ein Bild von Ihrer politischen Position und der Ihrer Partei zu machen.

Dieses Schreiben haben wir wortgleich an alle acht Kandidaten versandt. Ihre Antworten werden wir auf unserer Webseite veröffentlichen. Wir bitten Sie um eine Antwort per Brief oder E-Mail möglichst bis zum 14. März 2016.

Wir sind gespannt auf Ihre Antworten und verbleiben mit freundlichen Grüßen

Kathleen Kunath (WiF-Sprecherin)
Reinhard Löcher (AG Öffentlichkeitsarbeit)
für die Initiative Willkommen in Falkensee


1. Qualifikation: Wenn Sie am 10. April gewählt werden, untersteht ihnen eine Behörde mit rund 1000 Mitarbeitern. Sie müssen zudem in allen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens der Region immer informiert sein und den Kreis nach außen repräsentieren. Was qualifiziert Sie für diese Aufgabe?

    Petra Budke: Das Havelland ist mir ans Herz gewachsen und ich möchte hier etwas bewegen. Es macht mir Freude, mit Menschen umzugehen, Konflikte zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Ich verfüge über Sachverstand, Tatkraft und Engagement, sowie vielfältige berufliche und politische Erfahrungen. Seit 1984 bin ich Mitglied meiner Partei, führe seit 2013 als Vorsitzende erfolgreich den Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen, war Kreisvorsitzende im Havelland und bin Gemeindevertreterin in Dallgow-Döberitz. Studiert habe ich Literaturwissenschaft in Münster, San Francisco, Paris und Berlin. Am Goethe-Institut unterrichte ich seit vielen Jahren junge Menschen aus aller Welt und leite auch landeskundliche Fortbildungsseminare.

2. Ziele: Was sind Ihre drei wichtigsten politischen Ziele, die Sie als Landrat / Landrätin möglichst zu Anfang Ihrer acht-jährigen Amtszeit umsetzen möchten?

    Petra Budke: Eine Landrätin ist kein kleiner König. Ich werde den Bürgerinnen und Bürgern auf Augenhöhe begegnen, stehe für einen transparenten, demokratischen Führungsstil und für eine Politik des Gehörtwerdens. Ich möchte soziale und ökologische Schwerpunkte setzen und unseren Kreis zukunftsfähig, weltoffen und nachhaltig gestalten. Drei wichtige Schwerpunkte meiner Politik werden Mobilität, Bildung und Integration sein. Als erste Projekte habe ich mir die Wiedereinrichtung der Buslinie 639 über Seeburg nach Potsdam, mehr Gesamtschulplätze und die Einrichtung eines Migrationsbeirats vorgenommen.

3. Wohnraum: Vor allem im Osthavelland ist günstiger Wohnraum knapp. Was werden Sie als Landrat/Landrätin grundsätzlich unternehmen, um das Angebot an bezahlbarem Wohnraum im Havelland für alle zu verbessern? Gibt es konkrete Pläne?

    Petra Budke: Ich werde ein Bauprogramm auflegen, um mit den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder durch Gründung einer kreiseigenen Gesellschaft sozialen Wohnungsbau in Gang zu bringen. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum nicht nur für Zugewanderte, sondern auch für junge Familien oder ältere Menschen. Wichtig ist mir, dass wir für die Zukunft bauen: energieeffizient, nachhaltig und ressourcenschonend.

4. Bildung: Was werden Sie als Landrat/Landrätin dafür tun, dass es ausreichende Schulplätze im Bereich der Sekundarstufe I und II im Landkreis Havelland gibt?

    Petra Budke: Wir brauchen im Havelland vielfältige Bildungsangebote und mehr individuelle Förderung für jedes einzelne Kind. Ich möchte besonders das Angebot an Gesamtschulplätzen ausbauen und denke an die Erweiterung der bestehenden Oberschulen um eine Oberstufe. Auch die Umwandlung des Marie-Curie-Gymnasiums Dallgow-Döberitz in eine Gesamtschule oder die Gründung einer neuen Gesamtschule ziehe ich in Betracht. Schulsozialarbeit gehört an jede Schule!

5. Fremdenhass: Es gibt auch im Havelland immer wieder Menschen, die öffentlich ihre Abneigung gegenüber Fremden äußern. Was sind nach Ihrer Erkenntnis die Gründe für diese ablehnende Haltung? Wie werden Sie als Landrat/Landrätin darauf reagieren?

    Petra Budke: Das Havelland gilt inzwischen als Hochburg rechtsextremer Aktivitäten. Aber auch der sogenannte Alltagsrassismus ist leider ein weit verbreitetes Phänomen. Es gibt dafür keine einfachen Erklärungen und Konzepte. Schon in Kitas und Schulen müssen demokratische Werte, Respekt und Toleranz vermittelt werden. Eine Theorie besagt, dass die Fremdenfeindlichkeit da besonders groß ist, wo man keine Fremden kennt. Deshalb setze ich auf Aktivitäten, die persönliche Begegnungen und Kontakte ermöglichen, auf ein gutes Miteinander aller Menschen im Havelland, egal ob jung oder alt, einheimisch oder zugewandert. Eine Landrätin sollte an der Spitze des Engagements für ein buntes, tolerantes und weltoffenes Havelland stehen.

6. Unterkünfte: Der Landkreis hat bereits angekündigt, Notunterkünfte sobald wie möglich gegen feste Unterkünfte für Hilfsbedürftige ersetzen zu wollen. An welchen Orten des Havellandes ist das Ihrer Ansicht nach möglich? Wann kann mit dem Bau begonnen werden?

    Petra Budke: Mit dem Bau fester Unterkünfte müssen wir umgehend beginnen, die Traglufthallen oder der Möbelmarkt in Falkensee können nur kurzfristige Notlösungen sein. Einige Gemeinden haben bereits Baugrundstücke benannt, so dass die Planung dort sofort starten kann. Massenunterkünfte für Hunderte von Leuten abseits jeglicher Infrastruktur wird es mit mir nicht geben. Ich strebe kleinere, auf die Städte und Gemeinden verteilte Gemeinschaftsunterkünfte und eine möglichst zügige Unterbringung in Wohnungen an.

7. Verteilung: Viele ländliche Gemeinden im Havelland leiden unter Bevölkerungsschwund. Kann der Zuzug von Migranten dem entgegenwirken?

    Petra Budke: Ich sehe den Zuzug als große Chance für unsere Region, besonders für die ländlichen Räume. Flüchtlingsfamilien können dazu beitragen, dass die Kita und die Schule im Dorf bleiben, dass der Bus noch fährt, dass es noch einen Laden zum Einkaufen gibt und dass die Freiwillige Feuerwehr noch Nachwuchs hat. Es ist deshalb wichtig, dass auch kleinere Gemeinden Flüchtlingsfamilien aufnehmen und in die Dorfgemeinschaft integrieren.

8. Arbeitsmarkt: Wichtige Voraussetzung für eine langfristig gelingende Integration von Migranten ist eine Arbeitsstelle, um wirtschaftlich unabhängig zu sein. Was kann und was will der Landkreis unter Ihrer Führung tun, um eine schnelle Integration am Arbeitsmarkt zu erreichen?

    Petra Budke: Spracherwerb, Ausbildung und Arbeit entscheiden über gelungene Integration. Wir brauchen zunächst einmal genügend Integrationskurse, um die deutsche Sprache und die Grundwerte unserer demokratischen Gesellschaft zu vermitteln. Gemeinsam mit dem Jobcenter und den Unternehmen und Handwerksbetrieben im Havelland werde ich ein Arbeitsmarktprogramm entwickeln, um Geflüchtete möglichst schnell in Ausbildung oder Arbeit zu bringen. Damit können wir auch dem Fachkräftemangel begegnen.

9. Migration: Im vergangenen Jahrzehnt sind auch viele Menschen aus osteuropäischen Staaten, die teilweise heute zur EU gehören, ins Havelland zugewandert. Ist die Integration dieser Menschen aus Ihrer Sicht gelungen?

    Petra Budke: Brandenburg hat in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder gezeigt, dass es Zugewanderte gewinnbringend in unsere Gesellschaft integrieren kann.

10. Ehrenamt: Die Leistungen der vielen freiwilligen Helfer im Umgang mit Flüchtlingen werden zwar inzwischen von Politikern manchmal gelobt, trotzdem bleibt nicht selten der Eindruck, dass hier unentgeltlich Arbeit geleistet wird, die eigentlich staatliche Stellen übernehmen müssten. Wie stehen Sie dazu?

    Petra Budke: Es ist beeindruckend, was die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in den Willkommensinitiativen im Havelland an Arbeit und Unterstützung leisten. Viele sind an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gegangen. Ohne diesen Einsatz wäre die Unterbringung und Betreuung der Geflüchteten noch wesentlich schwieriger geworden. Natürlich ist diese große Aufgabe mit ehrenamtlichem Engagement allein nicht zu stemmen. Wir Grüne haben uns im Landtag bei der Verabschiedung des Landesaufnahmegesetzes u.a. für mehr Sozialarbeit und eine bessere psychosoziale Versorgung eingesetzt. Das ehrenamtliche Engagement vor Ort möchte ich durch professionelle Koordination, Vernetzung und spezielle Seminar- und Beratungsangebote unterstützen. Die Kommunen müssen Räume zur Verfügung stellen, damit soziale Aktivitäten mit Geflüchteten überhaupt stattfinden können. Als Anerkennung für Helferinnen und Helfer möchte ich einen Ehrenamtspass für das Havelland einführen.

11. Persönliche Erfahrung: Wann haben Sie sich zuletzt mit einem Flüchtling oder einem Asylsuchenden unterhalten? Welche Unterkünfte im Landkreis haben Sie persönlich schon besucht? Wie war Ihr Eindruck?

    Petra Budke: Seit einigen Monaten unterrichte ich eine junge syrische Zahnärztin und unterstütze sie bei Behördenangelegenheiten. Als Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen habe ich Unterkünfte im ganzen Land Brandenburg besucht. Das waren zutiefst bedrückende Erfahrungen. Dabei hatte ich viele Gelegenheiten, mit Geflüchteten persönlich ins Gespräch zu kommen. Ihre Berichte haben mich oft noch lange beschäftigt. Auch beim Frauenfrühstück zum Thema Flucht und Integration des Kreisverbands Havelland am 13. März in Nauen habe ich mit Flüchtlingsfrauen gesprochen und konnte mir ein eindringliches Bild von ihren Sorgen und Problemen machen. Ich bin selbst Mitglied der Willkommensinitiative in Dallgow-Döberitz, wo demnächst die ersten Geflüchteten erwartet werden.

 

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